Vertagung statt Entscheidung

Auf halbem Weg stehen geblieben, so ungefähr kann man das Ergebnis des Flüchtlingsgipfels zwischen den Ministerpräsident-/Innen und der Bundesregierung in der letzten Woche beschreiben. Leider gelang es nicht angesichts der aktuell höchstproblematischen Situation die dringend notwendige grundsätzliche Regelung über die Flüchtlingspolitik herbeizuführen. Die Zusage des Bundes, sich im aktuellen Jahr mit zusätzlich einer Milliarde Euro an den Kosten der Flüchtlingsversorgung zu beteiligen löst keines dieser grundsätzlichen Probleme, die im Wesentlichen die kommunale Seite, und das sind die Landkreise, Städte und Gemeinden auszubaden haben. Ein grundsätzlicher Fehler im System ist auch, dass die kommunalen Gremien zu den Gesprächen erst gar nicht eingeladen worden waren.

So unterschiedlich war denn auch das Echo nach den Verhandlungen. Außer den Vertretern des Bundes war niemand mit dem Ergebnis so richtig zufrieden. Unter dem Strich wird es sehr wahrscheinlich sein, dass im Sommer und im Winter des Jahres 2023 eine weitere „Elefantenrunde" der Ministerpräsidenten und der Bundesregierung tagen muss um die nächsten Schritte zu besprechen. Bis dorthin bleiben die Kommunen mit ihren Problemen alleine.
 
 
 
 
 
Wie ist die Situation in Deutschland :

Wir nähern uns den Zahlen der Flüchtlingskrise 2015/2016: Im Jahr 2023 wurden bis Anfang Mai in Deutschland fast 102.000 Asylerstanträge gestellt, das ist im Vergleich zum Vorjahreszeitraum eine Zunahme um 78 %!! Diese Flüchtlinge müssen zusätzlich zu den mehr als eine Million Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine in den Gemeinden und Städten untergebracht werden.

Wie sieht das in unserer Gemeinde aus?

In unserer Gemeinde sind aktuell 112 Flüchtlinge in der kommunalen Anschlussunterbringung untergebracht. Diese wurden uns vom Landratsamt zugeteilt. Hinzu kommen die Ukrainer, welche privat untergekommen sind (aktuell 42 Personen). In diesem Zusammenhang bedanken wir uns bei allen Bürgerinnen und Bürgern für diese große solidarische Unterstützung. Alle Flüchtlinge, ob Ukrainer oder aus Syrien, Türkei oder aus anderen Regionen nehmen das Integrationsmanagement der Gemeinde in Anspruch. Auch das muss von der Gemeinde organisiert und finanziert werden. Für das laufende Jahr ist mit weiteren Zuweisungen zu rechnen, derzeit geht das Landratsamt von der Zuweisung für Mühlhausen von 91 zusätzlichen Menschen aus, davon sind 9 bereits angekommen. Unser Dank in der Flüchtlingsarbeit gilt an dieser Stelle den Integrationsbeauftragten, den ehrenamtlich Tätigen, auch dem Cafe Mulin in der Nachbarschaft unseres Rathauses und den Mitarbeitern der Verwaltung für das besondere Engagement.

Zu den Aufgaben der Kommunen:

Die Kommunen, also auch unsere Gemeinde sind verpflichtet sich um Wohnungen kümmern, die Unterbringung in Kindergärten und den Schulen, Deutschkurse, Integrationskurse, Betreuung organisieren. Insbesondere die Unterbringungsfrage ist ein großes Problem, denn vielerorts, auch in unserer Gemeinde ist der Wohnungsmarkt leergefegt. Die Kommunen müssen aber die Flüchtlinge irgendwie unterbringen. Die hohe Zahl der Flüchtlinge übersteigt zunehmend die Möglichkeiten der Gemeinde und auch das Engagement der ehrenamtlich Tätigen. Es ist allerhöchste Zeit dass der Bund sich um eine Reduzierung der unkontrollierten Zuwanderung bemüht. Auch das Asylverfahren und alles was damit verbunden ist muss angepasst werden. Vieles hierfür muss auf europäischer Ebene geschehen. Zum einen sorgen die völlig ungleichen Sozialleistungen dafür, dass Deutschland überproportional viele Flüchtlinge zu versorgen hat. Der hohe Sozialleistungsstandard in Deutschland hat eine Sogwirkung. Die illegale Einwanderung sollte durch verstärkte Grenzkontrollen an den EU-Außengrenzen eingedämmt und eine EU-weite Regelung für eine gerechtere Verteilung der Flüchtlinge herbeigeführt werden. Auch die Asylverfahren hier in Deutschland müssen deutlich beschleunigt werden und dann müssen auch konsequenterweise Menschen, die keine Berechtigung haben hier zu sein, auch wieder zurückgeführt werden. Die Rückführungen scheitern aber oftmals daran, dass die Herkunftsländer nicht bereit sind, die Geflüchteten wieder aufzunehmen. Verträge mit diesen Staaten zu schließen ist aber wie das Herbeiführen europaweiter Regelungen eine ausschließliche Zuständigkeit des Bundes. Auch der Kreis der sicheren Herkunftsländer muss dringend auf die Maghreb-Staaten erweitert werden. Auch dagegen gibt es innerhalb der Bundesregierung Widerstände. Und damit schließt sich ein Kreis.

Es ist auch nicht nachvollziehbar, dass der Bund von der Praxis der vorherigen Bundesregierung abgewichen ist, nach dem die Zahlungen an die Kommunen sich an der Zahl der Flüchtlinge (Prokopfzahlungen) orientiert. Die neue Bundesregierung übernahm diese Regelung nicht mit der Begründung man müsse ja den Ukrainischen Flüchtlingen Bürgergeld bezahlen. Nachvollziehbar ist das nicht, denn unabhängig wo die Flüchtlinge herkommen, müssen die Gemeinden für ein Unterkommen und alle sonstigen Integrationsleistungen, von Kita über Schule bis Sprachkurs und Integration sorgen. Und das braucht Personal und auch Geld.

Wie entwickelten sich die Kosten für unsere Gemeinde:

Im Jahr 2018 betrug der Deckungsgrad noch 65 %, es entstanden Kosten in Höhe von 238.489 Euro, davon wurden 154.398 Euro vom Bund bzw. Land erstattet; d.h. vom Gemeindehaushalt musste 85.091,07 Euro netto für die Flüchtlingsaufgaben aufgewendet werden. Im Jahr 2022 betrug der Deckungsgrad nur noch 57 %; aufgrund der gestiegenen Zugänge musste die Gemeinde auch höhere Aufwände tätigen, die Nettokosten der Gemeinde stiegen auf 202.215 Euro an. Die Tendenz ist klar, die Ausgaben werden im Jahr 2023 weiter steigen.

Wir werden unsere Abgeordneten im Deutschen Bundestag auffordern am Ball zu bleiben und weiter Druck auf die Bundesregierung zu machen. In unserer Gemeinde wird davon unabhängig auch weiterhin alles unternommen werden, Flüchtlinge gut unterzubringen und so weit als möglich zu integrieren. Das werden wir auch weiterhin unterstützen.

Hans Becker

Fraktionssprecher

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